Auch in Balgach hält die reformierte Lehre Einzug, und zwar am Himmelfahrtstag von 1528. An diesem Tag kommt ein Prädikant, ein Prediger aus der "Centrale in Zürich" im Dorf an. Zürich ist Hauptort der reformatorischen Bewegung. Ihr unumstrittener Führer ist Huldrich Zwingli, der sich zwar an Luther orientiert, die neue Lehre aber radikaler versteht und nicht davor zurückschreckt sie mit Zwang und Waffengewalt zu verbreiten. Die neue Religion verbreitet sich in der Folge vor allem im deutschsprachigen Nordosten der Schweiz sehr schnell. Im St. Galler Rheintal stossen die Reformatoren aber auf ungeahnte Schwierigkeiten. Nicht alle sind bereit, ihre altbekannte und bewährte Religion abzulegen.
Der Beschluss der St. Galler Kirchengenossen, die Konfession zu wechseln, spaltet die Balgacher und wird wo nötig mit Zwangsmitteln durchgesetzt. In der Bevölkerung herrscht helle Aufregung. Als der Landvogt den reformierten Prädikanten festnehmen will, wird im Ort Sturm geläutet. Rund 400 Bürger verhindern die Verhaftung des Geistlichen. Am Auffahrtstag des Jahres 1530 wird für das Rheintal, damit auch Balgach, eine Verordnung erlassen, die die Reformation anerkennt und die Teilung der beiden Konfessionen festschreibt. Den Prädikanten erteilt sie das Recht, das Wort Gottes zu lesen.
Die Reformation ist eine weitgehend politisch gesteuerte Entwicklung. Zürich nutzt den Umstand, dass die neue Lehre in Stadt und Land schnell Anhänger findet, skrupellos aus, um seine Herrschaft auszudehnen. Das Rheintal wird bis auf einige wenige Höfe vollständig reformiert. Begünstigt wird der Erfolg der neuen Religion durch die Unzufriedenheit der ländlichen Bevölkerung. Die drückenden Abgaben, die an unterschiedliche Herren gezahlt werden müssen, fördern eine latente Unruhe. Mehr und mehr beginnen die Menschen das System der Feudallasten zu hinterfragen. Angeregt durch Luthers Thesen, die in allen deutschsprachigen Gebieten Europas auf Pamphleten verteilt werden, fangen sie an den Worten des Pfarrers und der weltlichen Herren zu zweifeln. Zwingli versucht ein zweites Mal, den reformierten Glauben in der ganzen Eidgenossenschaft durchzusetzen. Im zweiten Kappelerkrieg scheitert er definitiv. Am 11. Oktober 1531 wird er gefangen genommen und ermordet.
Bild: Der Zürcher Reformator Huldrych Zwingli brachte die neue Kirchenlehre auch ins Rheintal.