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Als in Balgacher Bauernhäusern gestickt wurde

1800 - 1900
Auch in Balgach setzt sich Ende des 18. Jahrhunderts die Heimstickerei durch. Fast in jedem Bauernhaus sitzen Frauen und Kinder, manchmal auch Männer, nach der harten Feldarbeit im Licht der Kerzen und Petroleumlampen in der Stube zusammen und sticken von Hand. Gestickt wird auf einem auf einen Rahmen gespannten Tuch nach Mustervorlagen. Alle Stickerfamilien stehen im Sold grösserer Verlagshäuser in St. Gallen, die die Stickereien aufkaufen und meist teuer ins Ausland weiterverkaufen. Der Kontakt der Verlage mit den einzelnen Stickern läuft über Mittelsmänner, so genannte Fergger. Sie liefern den Heimarbeitern Garn oder Seide und holen später die fertigen Stickereien ab.

Die ersten Stickereimanufakturen
In den 1870er-Jahren finden die ersten Handstickmaschinen den Weg ins Rheintal. Einige wohlhabende Bürger, darunter etliche Fergger, versuchen ihr Glück und kaufen ein paar Maschinen, die sie in kleinen Lokalen unterbringen. Die Stickerei teilt sich nun in zwei Stränge: Einerseits in die Heimstickerei, die weiterhin von einer Vielzahl von Bauernfamilien ausgeübt wird, andererseits in kleine Manufakturbetriebe mit acht und weniger Maschinen, die nicht dem Fabrikgesetz unterliegen. Die Maschinen leisten etwa zehn Mal so viel wie eine gute Handstickerin. Ihre Bedienung ist ein Kraftakt, für den es mehrere Personen braucht. Meist übernehmen Männer diese Aufgabe. Weil sich Handstickmaschinen auch zuhause relativ einfach betreiben lassen, legen sich viele Heimsticker eine zu, die sie oft in einem eigens erstellten Anbau oder im ausgebauten Keller unterbringen. So werden viele Landwirte zu so genannten Stickerbauern, die Landwirtschaft nur noch im Nebenerwerb betreiben. 1880 sind in Balgach bereits 109 Stickmaschinen in Betrieb, die immerhin 250 Menschen Arbeit verschaffen. Zum Vergleich: Das Dorf zählt damals 1539 Einwohnerinnen und Einwohner.

Im Unterschied zur Baumwollverarbeitung in der Schweiz hält sich die Heimarbeit in der Stickerei relativ lange. In der Ostschweiz macht sie den Handsticker-Manufakturen erfolgreich Konkurrenz. Die Einzelsticker haben den Vorteil, dass sie schneller auf Modeschwankungen reagieren können und für die Verlage einfacher und verlässlicher zu kontrollieren sind. So überflügeln sie die Manufakturbetriebe schnell: Eine Statistik von 1910 weist in Balgach insgesamt 190 Maschinen aus, davon standen lediglich 25 in Manufakturen mit jeweils 3 bis 7 Maschinen. Die übrigen 165 gehörten Stickerbauern.


Bild: Grundriss eines Stickerheims, in dem auch noch Landwirtschaft betrieben wird.
Grundriss eines Stickerheims