Der Siegeszug der Kartoffel
Der Kartoffel, die in der Schweiz erstmals im beginnenden 18. Jahrhundert angebaut wird, begegnen viele Bauern zuerst skeptisch. Sie reift unter der Erde, also im Heimlichen, was den abergläubischen Landbewohnern unheimlich ist. Die Vorbehalte werden aber bald über Bord geworfen, als die Bauern ihre Vorzüge erkennen. Bereits um 1800 sind überall im Rheintal Kartoffeläcker anzutreffen. Ihren eigentlichen Siegeszug tritt die Knollenfrucht 1816/17 an. Die Missernten und Hungersnöte dieser Jahre haben zur Folge, dass sie noch häufiger angepflanzt wird als zuvor. Zwar sind auch danach noch Missernten zu verzeichnen, doch schwere Hungersnöte bleiben aus. Die Umstellung auf die Fruchtwechselwirtschaft, die Erweiterung der Anbauflächen und die Diversifizierung der Anbaupflanzen tragen nunmehr ihre Früchte. Die Rheintaler, damit auch die Balgacher, gelangen zu einem bescheidenen Wohlstand, den man auch ihren Kleidern ansieht, wie verschiedene Beobachter berichten.
Die Kartoffelkrankheit wütet
Eine grosse Krise gab es noch. Sie traf in den 1840er-Jahren ganz Mitteleuropa, darunter auch die Schweiz und das Rheintal. Und sie traf ausgerechnet die am meisten angebaute Bodenfrucht jener Zeit, die Kartoffel. Schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts sind aus den USA Kartoffelkrankheiten nach Europa, vor allem nach Irland, eingeschleppt worden. Die hiesigen Kulturen sind dem Fäulniserreger schutzlos ausgesetzt. Vor allem die ärmeren Kleinbauern, für die der Erdapfel das Grundnahrungsmittel ist, erkranken, weil sie aus Hunger faulende Kartoffeln essen. Nicht wenige sterben. So schlimm wie Irland, wo die Knollenfrucht in Monokulturen angebaut wird und zwei Millionen Menschen den Kartoffelkrankheiten zum Opfer fallen, ist das Rheintal glücklicherweise nicht betroffen.
Bild: Arbeit auf einem Balgacher Kartoffelacker um 1920.